Oregano: Ersatz für Arzneimittel und Leistungsförderer?

Diese Frage stellt sich nach Lektüre eines Artikels, den Tierarzt Dr. M. Stein in der Ausgabe 5 des 8. Jahrgangs der veterinärmedizinischen Fachzeitung "Vet-Impulse" veröffentlicht hat und aus dem wir einige Auszüge zitieren:

OreganoZur Verbesserung und europaweiten Vereineinheitlichung des Verbraucherschutzes fordert die EU-Verordnung 2377/90, daß für alle Arzneistoffe, wenn sie bei lebensmittelliefernden Tieren eingesetzt werden sollen, ein sog. MRL-Verfahren zur Festlegung eines Rückstandshöchstwertes einzuleiten ist. Dies führt dazu, daß eine Vielzahl von Arzneistoffen nicht mehr für die Therapie zur Verfügung steht. Schon jetzt hat der Verlust der Nitrofurane (Furazolidon, Nitrufurantoin, Furaltadon) der Nitroimidazole (Ronidazol, Metronidazol, Dimitridazol) und Chloramphenicol für die Therapie von lebensmittelliefernden Tieren und der hieraus zwangsläufig verstärkten Nutzung der verbleibenden Antibiotika zu einer beachtlichen Resistenzsteigerung beigetragen.

Auch aus der Humanmedizin ist immer häufiger die Forderung zu hören, daß bestimmte Antibiotikagruppen (wie z. B. die Gyrasehemmer oder auch Cephalosporine) nur noch bei Menschen eingesetzt werden sollen (sog. humanmedizinischer Vorbehalt) um einem Entstehen resistenter Keime in der Landwirtschaft vorzubeugen. Ebenso ist der Einsatz antibiotischer Leistungsförderer sehr umstritten. Es ist abzusehen, daß derGroßteil wenn nicht sogar alle Wirkstoffe vom veterinärmedizinischen Markt verschwinden werden. Die Gesunderhaltung von lebensmittelliefernden Tieren wird in Zukunft also durch die Optimierung von Management, Fütterung, Hygiene- und Impfprogrammen zu gewährleisten sein. Hierbei gewinnen Futtermittel bzw. Pflanzeninhaltsstoffe mit besonderen Eigenschaften (funktionel feed) eine immer größere Bedeutung.

Die vorläufigen Ergebnisse einer Studie eines Forscherteams der Kansas State University (KSU) lassen auf eine bemerkenswerte antimikrobielle Eigenschaft von Gewürzen schließen. Zwar stellte das Abwägen zwischen antimikrobieller Wirksamkeit und der jeweiligen Geschmacksnote offenbar eine Gratwanderung dar, doch zeigte die Studie deutlich, daß Gewürze zur Konservierung von Fleischprodukten eingesetzt werden können, um die Vermehrung von E.Colibakterien zu verhindern. Knoblauch, Oregano, Salbei, Nelken und Zimt waren dabei besonders wirksam.

Oregano ist ein Gewächs aus der Pflanzenfamilie der Lippenblütengewächse und u. a. im Mittelmeergebiet heimisch. Das ätherische Öl dieser Pflanze enthält variable Mengen an den beiden Phenolen Carvacrol und Thymol. Beide haben schon durch die Jahrhundert das Interesse von heilkundigen Priestern und Pharmakologen geweckt.

So verwendete man im alten Ägypten Thymol und Carvacrol in Form des Thymians wegen seiner bakteriziden und fungiziden Eigenschaften zur Konservierung von Mumien. Im Mittelalter bis in die Neuzeit galten Zubereitungen ätherischer Öle als Antibiotika für die Armen. Auch unter dem Lichte der modernen Wissenschaft finden sich eine Vielzahl von Belegen für Wirksamkeit von Thymol und Carvacrol. Beide Substanzen sind chemisch gesehen Isomere und Abkömmlinge des Phenols. Phenol wurde 1887 erstmalig von Lister zur Wundreinigung eingesetzt. Es wirkt schon in einer Konzentration von 0,2 - 1 % bakterizid. Als seine Derivate haben Thymol und Carvacrol weite Verwendung in der Medizin gefunden. Thymol zeichnet sich durch eine starke desinfizierende fungizide und bakterizide Wirkung aus und wird wegen seines angenehmen Geschmacks in Mundwässern, Zahnpasta und in 5 %iger alkoholischer Lösung zur Hautdesinfektion bzw. lokal gegen Hautpilze eingesetzt. Innerhalb der Humanmedizin werden Thymol und Carvacrol insbesondere in der Zahnheilkunde eingesetzt. Bei der Behandlung von Infektionen der Mundhöhle zeigten Thymol und Carvacrol neben anderen Wirkstoffkombinationen eine synergistische Wirkung auf verschiedenen Keime. Weiter finden sich Thymol-Zubereitungen als Vaginalkapseln, Suppositorien und als Wundbehandlungsmittel am deutschen Markt für Humanarzneimittel. In neuerer Zeit finden beide Stoffe Verwendung bei der Metaphylaxe und Therapie von pilzlichen Infektionen der Mundhöhle bei AIDS-Patienten.

Auch in einer ganzen Reihe anderer Pflanzen können Thymol und Carvacrol nachgewiesen werden und zeigen auch hier eine ausgeprägte antibiotische (bakterizide und fungizide) Aktivität. Offensichtlich ist eine antibiotische Wirkung auch mit vielen Inhaltsstoffen unterschiedlicher höherer Pflanzen zu erreichen, die in der folkloristischen Medizin vieler Naturvölker und als Würz- und Geschmackstoff in der Tierernährung zur Verbesserung der Futterverwertung und Mastleistung bei Schweinen eingesetzt werden.

In vitro hemmt Oregano und sein Öl in einer Konzentration von 150, 300 und 600 ppm das Wachstum von Leukonostoc mesenteroides und Lactobazillus plantarum. Hingegen wurde durch das Oreganogewürz die Milchsäureproduktion von Lactobazillus plantarum stimuliert. In vitro ist Thymol sowohl gegen Staphylococcus aureus als auch gegen Salmonella thyphimurium aktiv. Ebenso gegen Listeria monocytogenes, Aspergillus flavus und Aspergillus versicolor.

Für Thymol und Carvacrol wurden entzündungswidrige, desinfizierende, anthelmintische und expectorierende Eigenschaften nachgewiesen. In der Veterinärmedizin wird Thymol seit vielen Jahren zur Behandlung der Trichophytie und anderer Hautpilzinfektionen eingesetzt. Wie wirkungsvoll die ätherischen Öle Thymol und Carvacrol beim peroralen Einsatz sind, demonstrierte Prof. Günther vom Tierernährungsinstitut Göttingen. Eine mit einem Zusatz von ätherischen Ölen gefütterte Ferkelversuchsgruppe steigerte die Körpergewichtszunahme um 7,2 % und die Futterverwertung um 9,1 %. Prof. Günther beurteilte diese ätherischen Öle als Verdauungsförderer. Natürliche Verdauungsförderer stimulieren die Gallensaft- und Enzymsekretion, die Verdauung wird optimiert und es fallen weniger schädliche Stoffwechselmetapoliten an.

Der vollständige Artikel: "Oregano: Hochwirksam und mehr als nur ein Pizzagewürz", verfaßt von Dr. Manfred Stein, Gyhum, erschienen in Vet-Impulse Ausgabe 5, 8. Jahrgang, ist als Sonderdruck gegen Einsendung eines mit 1,10 DM frankierten Rückumschlages von der Bossow Tiergesundheit GmbH, Von-Kronenfeldt-Straße 71, 27318 Hoya, zu erhalten.

Ein Thymol und Carvacrol enthaltendes Ergänzungsfuttermittel ist unter dem Namen Oregarom bei uns erhältlich.