Blutige Diarrhoe beim Schwein: nicht immer Dysenterie PPE - Infektionen mit Lawsonia intracellularis |
||||||
Immense wirtschaftliche Schäden entstehen der Schweinemast weltweit durch ein Krankheitsbild, das bei oberflächlicher Diagnose leicht mit Dysenterie verwechselt werden kann. Die Erkenntnis, daß blutiger Durchfall beim Schwein nicht immer durch Infektionen mit Brachyspira hyodysenteria (vorm.: Serpulina hyodysenteria, Erstbeschreibung 1921) verursacht wird, ist nicht neu: Bereits 1931 wurden von Biester und Schwarte (Ames/ Iowa) bei einem der Dysenterie ähnelnden Krankheitsbild von diesem abweichende pathologisch/anatomische Bilder beschrieben. Es dauerte noch bis in die siebziger Jahre bis als Verursacher solcher Befunde ein Bakterium der Familie Desulfovibrionaceae entdeckt und beschrieben wurde, das 1995 als Lawsonia intracellularis den Namen seines Entdeckers Lawson erhielt. Der Umstand, daß es sich um ein obligat intrazellulär wachsendes Bakterium handelt, ist verantwortlich für die späte Entdeckung und Beschreibung. Erst die Entwicklung moderner mikrobiologischer Nachweisverfahren, vor allem der PCR, ermöglichten es, dic ursächliche Beteiligung und Verbreitung dieses Erregers aufzuklären. Antikörpertiterbestimmungen sind erst seit kurzem verfügbar und lassen noch kein genaues Bild über die hiesige Verbreitung zu. Aus einzelnen, weltweit durchgeführten Stichprobenuntersuchungen wird geschlußfolgert, daß eine Durchseuchung von 30 % aller Herden denkbar ist. In Deutschland gelingt der Nachweis von Lawsonien nach Angaben verschiedener Labors bzw. Institute in 20-30 % der Kotproben klinisch auffällig gewordener Mastschweine. Vier Bilder der PPE Die Abkürzung PPE steht für Porcine Proliferative Enteropathie und wird im amerikanischen Sprachgebrauch auch auf PE verkürzt. Die durch Infektionen mit Lawsonia intracellularis ausgelöste PPE tritt in vier unterschiedlichen Formen auf, die in einem Bestand bzw. einer Tiergruppe auch gleichzeitig nebeneinander vorkommen können. Man unterscheidet nach pathologisch/anatomischen Merk 1. Die akut verlaufende Porcine Hämorrhagische Enteropathie (PHE), bei der sich Veränderungen im Endabschnitt des Ileums und dem Beginn des Kolons ausbilden. Unter starker Blutungsneigung in das Lumen kommt es zu Ödemen der Mucosa. Es wird hellrot-blutiger oder dunkelrot bis schwarz gefärbter Kot abgesetzt. Ohne Behandlung kann es innerhalb von 24 Stunden zum Verenden des Tieres kommen. 2. Die Porcine Intestinale Adenomatose (PIA), die nur den chronischen Verlauf der PPE bezeichnet. Hier verdicken sich die Endabschnitte des Jejunums und Anfangsabschnitte des Kolons. Die befallene Mukosa nimmt eine wellenförmige Oberfläche an, die im Lumen als hirnwindungsartige Aufwerfungen imponieren. Dieses Bild ist nicht selten auch am nicht geöffneten Darm durch die Serosa zu erkennen. Es kommt zu einer zum Teil drastisch verringerten Futterverwertung der Tiere. Blutungen und akute Todesfälle treten unter PIA nicht auf. 3. Die Nekrotische Enteritis (NE), die als eher seltene Form der PPE eine koagulative Nekrose umgrenzter Bezirke mit stellenweise starker Fibrinexsudation beschreibt. Der Mucosa sind gelb/graue, käsige Massen aufgelagert. 4. Die ebenfalls seltene Regionale Ileitis (RI), die sich mit ihren Veränderungen auf einen Teil des Ileums, das dabei eine muskuläre Hypertrophie zeigt, beschränkt. Die Mucosa weist Veränderungen im Sinne der VIA bzw. NF. auf. Der Darmquerschnitt mit seiner sehr starke Wandung hat im amerikanischen Sprachgebrauch zur Verwendung des Begriffes "Gartenschlauch-Darm" ("hose pipe gut") geführt. Diagnose Die Ansteckung erfolgt durch orale Aufnahme von Lawsonien. Bereits nach einer Woche können infektiöse Erreger im Kot nachgewiesen werden. Zu ersten klinischen Symptomen kommt es erst nach 12 14 Tagen. Die Symptome differieren je nach Verlaufsform zwischen verringerter Futterverwertung und täglicher Zunahme, dem Absetzen von leicht breiigem, z. T. schleim- oder fibrinversetzem Kot, im Absatz von stark blutigem Kot oder gar reinem Blut. Die wirtschaftlich größten Schäden entstehen weltweit durch die klinisch kaum erkennbare Symptomatik der verringerten Futterverwertung. Zu akuten Todesfällen kommt es lediglich bei der PHE- Form bei bis zu 5 % der Tiere. Anhand dieser Symptome kann eine Verdachtsdiagnose bereits in der Bucht gestellt werden. Ein labordiagnostischer Nachweis kann über frisch aus dem Enddarm entnommene Kotproben versucht werden. Zu beachten ist, daß darin nur bei 10 % der infizierten Tiere der Erreger über Färbungen bzw. PCR-Untersuchungen sicher nachweisbar ist. Eine Kultur, vor allem zur Vornahme von Resistenztesten, ist in zellfreien Medien derzeit nicht möglich. Eine höhere Aussagekraft läßt die pathologisch/anatomische Untersuchung verendeter, möglicherweise zu diagnostischen Zwecken euthanasierter Tiere zu. Hierbei ist vor allem den Darmabschnitten um die Ileocaecalklappe hin Aufmerksamkeit zu schenken. Auch bei Abwesenheit charakteristischer Veränderungen kann aus diesem Bereich entnommenes Schleimhautmaterial mit Darminhalt zur Labordiagnostik Verwendung finden. Therapie Die Therapie klinisch auffälliger Tiere muß mit Injektionen geeigneter Antibiotika begonnen und über einen langen Zeitraum durch eine orale Medikation der Gesamtgruppe fortgesetzt werden. Die klinische Symptomatik erlischt so im allgemeinen zügig. Die Erregerausscheidung geht erst nach 2 bis 3 Wochen zurück. Eine gute Wirkung gegen Lawsonien haben Lincomycin, Lincomycin/Spectinomycin und Tylosin, die unter den Handelsnamen Albiotic, Lincospectin Premix bzw. Elancomix zumindest in einigen Ländern bereits die Zulassung zur Behandlung der PPE besitzen. Auch von den Tetracyclinen, Tiamulin und Valnemulin sind therapeutische Wirkungen gegen Lawsonien bekannt. Nach Rückgang der klinischen Symptomatik, der keinesfalls mit einer Erregerfreiheit der Tiere gleichgesetzt werden darf, ist über den gesamten restlichen Mastdurchgang die Gabe einer niedrigen Dosierung eines geeigneten Antibiotikums erforderlich, um das Wiederaufflammen zu vermeiden. Zahlreiche Veröffentlichungen und eigene Praxiserfahrungen zeigen Erfolg bei dem Einsatz von Lincospectin (44 ppm), Tylosin (100 ppm) und Tetracyclin (1000 ppm). Nach Fortfall zahlreicher Leistungsförderer in der Schweinemast verstärkt eingesetzte ätherische Öle, vor allem auf der Basis des Oreganos, erweisen sich ebenfalls als wirksam gegen Lawsonien. Insbesondere Wartezeitfreiheit und leistungsfördernde Wirkung läßt den Einsatz solcher Substanzen (Oregarom, 4000 ppm) überlegenswert erscheinen. Fazit Der Wegfall antibiotischer Leistungsförderer hat zu einem verstärkten Auftreten klinischer PPE Symptome geführt. Aufgrund der Erfordernisse verschiedener Behandlungstrategien muß die Problematik sorgfältig von der klinisch ähnlich imponierenden Dysenterie unterschieden werden. Große wirtschaftliche Verluste der Schweinemast lassen tierärztliches Eingreifen medizinisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Korrespondenzadresse |
||||||
aus Vet-MED-Report Sonderausgabe V3 | ||||||