Alles Humbug, sagen viele Schweinehalter, wenn sie das Wort Homöopathie nur hören. Doch wer einmal Erfahrungen mit dieser Behandlungsart gemacht hat, ist von der Wirkung überzeugt. Und Homöopathie hat handfeste Vorteile: keine Wartezeit und Rückstandsfreiheit. Dr. Regina Dereser, Praxis Bossow, Hoya, erläutert, worauf es beim Einsatz ankommt und wo er sinnvoll ist.
"Kann ich die Schamanin sprechen?", fragt Martin Böckmann, wenn er bei Dr. Regina Dereser in der Praxis anruft. Diesen Spaß erlaubt sich der Landwirt, aber er weiß genau, was er an der Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Homöopathie hat. Vor nicht allzu langer Zeit gab es bei Böckmanns Tieren in der Endmast Hustenprobleme. Außerdem ist der Betrieb an ein Markenfleischprogramm angeschlossen, das den Einsatz von Medikamenten bei Tieren über 40 kg verbietet. "Nun war da der bellende Husten im Bestand, einige Tiere hatten über 40° Fieber und keinen Appetit. Was tun? Die Tierärztin hat uns angeboten, es mit homöopathischen Mitteln zu versuchen. Ich war zwar skeptisch, hatte im Prinzip aber nichts zu verlieren."

Je genauer die Diagnose...

... desto besser lassen sich die Arzneien wählen, die dagegen helfen. Dr. Regina Dereser untersuchte die Tiere der betroffenen Buchten genau. Neben dem, was jeder konventionelle Tierarzt tun sollte, wie Fiebermessen oder Tupferproben nehmen, beobachtet die Tierärztin die Mastschweine. "Das empfehle ich auch den Landwirten: Schauen Sie sich Ihre Tiere genau an. Was ist nicht so wie immer, was hat sich verändert? Je sorgfältiger die Landwirte die Symptome beobachten und schildern, desto besser findet sich das geeignete Mittel. Halten Sie sich vor Augen, daß

Vor der homöopathischen Therapie steht umfangriches Erfassen der Symptome, Ursachen und Bedingungen, unter denen die Krankheit aufgetreten ist
Ein geschärfter Blick ist entscheidend
Homöopathie erfolgreich im Schweinestall einsetzen
Homöopathie keine Krankheiten (Durchfall, Grippe, MMA, usw.), sondern Einzeltiere oder Tiergruppen (gelten bei der Behandlung wie Einzeltiere) behandelt. Je besser die Angabe zur vermuteten Ursache ist, zum Beispiel "Husten begann nach der Nacht mit kaltem Nordostwind" oder "Durchfall trat nach Futterwechsel oder Impfung auf", desto einfacher ist die Verordnung." Die Diagnose erfolgt Schritt für Schritt (siehe Tabelle "Schritt für Schritt ans Ziel"). Neben Symptomen interessieren den Homöopathen auch mögliche Ursachen und Bedingungen, unter denen die Symptome der Erkrankungen auftreten oder sich ändern. "Die Tageszeit kann eine wichtige Bedingung sein. Wann treten die Symptome auf?" Die Aussage: "Immer nachts um 2.00 Uhr husten die Schweine", kann Hinweis auf Drosera, den Sonnentau, als Behandlungsmittel sein", erläutert die Tierärztin.

Der Homöopath fragt auch: Welches Verhalten zeigt das Tier (seelisch-geistige Symptome)? Das läßt sich bei Einzeltieren in der Regel besser beurteilen als bei einem Bestand. Wer jedoch eine Gruppe etwas genauer unter die Lupe nimmt, der erkennt beim Auftreiben, Fressen oder Spielen recht schnell wichtige Hinweise auf Aggressivität, Trägheit, Müdigkeit, desinteressiertes, freundliches, neugieriges, ängstliches oder panikartiges Verhalten. Beim Einzeltier läßt sich darüber hinaus bewerten, ob es sich gerne oder nur widerwillig berühren läßt und wie es darauf reagiert. Entscheidend sind die Abweichungen vom gewohnten Verhalten. So ist das Verhalten einer relativ freundlichen Sau, die sich plötzlich sehr aggressiv gebärdet, aufschlußreicher als das aggressive Verhalten eines ohnehin garstigen Tieres. Um Schlußfolgerungen aus dem Beobachteten zu ziehen, gilt es aber auch zu berücksichtigen, welche Rasse, Alter, Haltungsform das Tier hat. So sind PIC-Schweine bekanntermaßen temperamentvoller und reaktionsschneller als DAN - Hybrid - Tiere.
Neben dem Tierverhalten spielen natürlich auch die objektiv meßbaren Symptome eine Rolle (siehe Tabelle "Schritt für Schritt ans Ziel") Aber auch Anzeichen, die gar nicht ins Bild passen, können ein Indiz für die Behandlungsmethode sein. Ein Beispiel für ein solches absonderliches Symptom ist Durstlosigkeit und guter Appetit bei hohem Fieber.
Eine alte Behandlungsmethode
Als der Begründer der Homöopathie gilt der Arzt Dr. Samuel Hahnemann, der im 18. Jahrhundert aus Unzufriedenheit mit den damals herrschenden Behandlungsmethoden seiner Kollegen die Grundsätze der homöopathischen Therapie formuliert hat. Es ging ihm darum "sanft, schnell und sicher zu heilen" und nicht nur die Krankheitsanzeichen wegzutherapieren, ohne an die Wurzel des Übels zu kommen. Symptome galten ihm als Information einer Auseinandersetzung des Organismus, die Aufschluß geben können über das Wesen der Erkrankung. Die Krankheitsursache sah er in erster Linie in einer "verstimmten Lebenskraft" des Körpers. Man muß sich vor Augen halten, daß um 1810 kein Mensch etwas von Bakterien oder Viren wußte.

Die Lebenskraft wiederherzustellen ist das Ziel der homöopathischen Behandlung. Die eigentliche Heilung nimmt dann der Körper vor, der Arzt gibt nur den Anstoß, um die Lebenskraft auf den richtigen Weg zu bringen.

Der wichtigste Grundsatz in der homöopathischen Therapie besagt, daß "Ähnliches durch Ähnliches geheilt werde" (Simile-Regel). Eine Pflanze, ein Tier oder ein Mineral, das beim gesunden Menschen ein bestimmtes Krankheitsbild (Arzneimittelbild) hervorzurufen vermag, kann, wenn es in einer homöopathischen Dosis gegeben wird, eine ähnliche Krankheit heilen. Ein bekanntes Beispiel ist die Chinarinde. Als Tee verursacht sie Wechselfieber mit Atembeklemmungen und großer Schwäche. In homöopatischer Dosierung ist sie ein geeignetes Medikament für Malaria - Wechselfieberähnliche Zustände. Die Ursubstanz kann eine Pflanze, ein Tier oder ein Mineral sein. Homöopathische Medikamente werden aus der – manchmal giftigen – Ursubstanz nach genauen Vorschriften gewonnen, indem die Ursubstanz nach bestimmten Regeln (Potenzierungen) verdünnt wird. Durch Verschütteln oder Verreiben wird Energie freigesetzt und an einen Träger (Wasser / Alkohol - Gemisch oder Milchzucker) gebunden. Der stoffliche Anteil nimmt dabei mit jedem Potenzschritt ab, die Energie steigt hingegen an, bis ab der 23. (Dezimal)Potenz kein Molekül des Ausgangsstoffes mehr nachgewiesen werden kann.

Die Verordnung von homöopathischen Arzneimitteln erfolgt nach dem Ähnlichkeits (Simile-) prinzip. Hierzu wird das Arzneimittelbild (Pflanze / Tier / Mineral / Nosode), das aus der klinischen Prüfung am Tier oder Menschen, dem Vergiftungsbild und der praktischen Anwendung bekannt ist, mit den vorliegenden Symptomen des Einzeltieres oder der Tiergruppe verglichen.

Das erfordert von der handelnden Person neben einer guten Kenntnis der "Materia medica" (einer Zusammenfassung der wichtigsten Arzneimittelbilder), eine sorgfältige, detaillierte und penible Beobachtung des Tieres oder des Bestandes, um auch Symptome erfassen zu können, denen die Schulmedizin keine große Bedeutung beimißt. - mp -
Das Fieberthermometer ist auch im Bestand ein wichtiges Handwerkszeug

"Am Ende soll nicht die Summe der Symptome stehen, sondern wir wollen wissen, welches sind die Leitsymptome. Auf die werden die Homöopathika für die Therapie abgestimmt." Im Idealfall (der im Schweinebereich sehr selten sein dürfte) findet sich ein einziges Mittel, das die Krankheit zur Abheilung bringt (der Homöopath spricht dann vom Simile).

Neben den Symptomen ist die Ursache wichtig

So fallen ihr bei Böckmanns 100 - kg - Tieren die stark geröteten

Bindehäute (Lokalsymptom) und die Unruhe in den Buchten auf (geistiges Symptom). Auslösende Ursache (Causa) war ein kalter Nordwind in den frühen Morgenstunden. Am Abend zuvor waren die Tiere noch fit. In Verbindung mit der hohen Körpertemperatur (41°) ist dies das typische Bild für Aconitum (blauer Eisen- oder Sturmhut), der Sturmhut trägt die Ursache (Causa) schon im Namen. Einige Tiere weisen blaurot verfärbte Ohrränder auf. Dieses Allgemeinsymptom weist auf Lachesis muta hin. Den bellenden Husten wertet Dereser als Lokalsymptom. Er deutet auf Drosera rotundifolia. "Leitsymptome sind der trockene Husten und das plötzliche Auftreten von hohem Fieber", erläutert Regina Dereser.

"Nachdem wir das Mittel fünf Tage in der Flüssigfütterung eingesetzt haben war der Husten verschwunden", erläutert der 41-jährige Master. Homöopathin Dereser: "Wir gehen bei Erkrankungen in der Endmast wie in der Schulmedizin vor. Wir streben der Einfachheit halber Symptomfreiheit an und weniger eine echte Heilung. Es kann durchaus passieren, daß die Erkrankung unter ähnlichen Bedingungen wieder ausbrechen würde, wenn die Tiere vorher nicht zum Schlachter gehen würden."

Sind Bestand oder Einzeltiere betroffen?

Bei denselben Symptomen kann ein unterschiedlicher Weg erfolgreich sein. Beispiel: Ferkeldurchfall. Angenommen, die Ferkel haben bereits seit einigen Tagen Durchfall. Unter Umständen hat man schon ergebnislos antibiotisch vorbehandelt.

Auch das Verhalten der Tiere spielt eine wichtige Rolle. Hier lassen sich recht schnell wichtige Hinweise finden. Neben den allgemeinen Symptomen gilt es auch, auf lokale Symptome wie gerötete Bindehäute zu achten.
Schritt für Schritt ans Ziel
Diagnoseweg

Faktoren

Ursachen (Causa)
  pfeil_re.gif (919 Byte) Kälte/Wärme/Hitze (Ausfall der Heizung)
  pfeil_re.gif (919 Byte) Zugluft (Luftgeschwindigkeit ist zu hoch)
  pfeil_re.gif (919 Byte) kalter Wind/Wetterwechsel/Luftdruckänderung
  pfeil_re.gif (919 Byte) Trockenheit
  pfeil_re.gif (919 Byte) vorausgegangene Erkrankungen
  pfeil_re.gif (919 Byte) Arzneimittelanwendungen
  pfeil_re.gif (919 Byte) Impfungen
  pfeil_re.gif (919 Byte) psychische Einwirkungen, "Streß"
Bedingungen (Modalitäten)
  pfeil_re.gif (919 Byte) Tageszeit/Jahreszeit
  pfeil_re.gif (919 Byte) Wetterwechsel/Zugluft
  pfeil_re.gif (919 Byte) Kälte/Wärme
  pfeil_re.gif (919 Byte) Trockenheit/Feuchtigkeit
  pfeil_re.gif (919 Byte) Fressen/Saufen
  pfeil_re.gif (919 Byte) Kot/Urinabsatz
  pfeil_re.gif (919 Byte) Liegen auf einer speziellen Seite oder in einer speziellen Haltung
  pfeil_re.gif (919 Byte) Ruhe/Bewegung
  pfeil_re.gif (919 Byte) Psychische Bedingungen
Anzeichen (Symptome)
seelisch - geistige Symptome pfeil_re.gif (919 Byte) Agressivität, Apathie (Trägheit), Müdigkeit, desinterressiertes, freundliches, neugieriges ängstliches, panikartiges Verhalten.
pfeil_re.gif (919 Byte) Verhalten auf Berührung
objektiv meßbare Symptome pfeil_re.gif (919 Byte) Allgemeine: Durst, Hunger, Abneigung gegen bestimmte Futtermittel, Fieber, Körperhaltung, Futterverwertung und Tageszunahmen
pfeil_re.gif (919 Byte) Lokalsymptome: Krankheitsanzeichen der Atmungsorgane, des Kreislaufs, Verdauungssystems, der Haut, der Sinnesorgane, sowie Ergebnisse aus weiterführenden Laboruntersuchungen, usw.
absonderliche Symptome pfeil_re.gif (919 Byte) Symptome, die dem "gesunden Menschenverstand" widersprechen, z.B. Durstlosigkeit + guter Appetit bei hohem Fieber


Die Tiere fressen schlecht, Einzeltiere sind eingefallen und ausgezehrt. Hier kommen unter anderem in Frage: Arsenicum al- bum (Durchfälle mit Auszehrung), Charmomilla (Kamille) - starke Blähungen und Durchfall, China officinalis (Chinarinde) - Durchfälle mit starkem Säfteverlust und nachfolgender Austrockung, Nux vornica (Brechnuß) - reguliert die Darmtätigkeit, Podophyllum peltatum (Maiapfel) - Durchfall bei geblähten Bäuchen.

Ist der Ferkeldurchfall hingegen ein Bestandsproblem, der bei fast jedem Wurf auftaucht und zu hohen Verlusten führt, wird eine "schnelle" Verordnung eines bewährten Arzneimittels, wie den oben aufgeführten, keine oder nur eine kurzfristige Wirkung zeigen. Hier ist es zwingend erforderlich, den gesamten Bestand - Muttersauen und Ferkel - in die Überlegungen mit einzubeziehen und mit einer ausführlichen Symptomenerhebung und der Suche nach dem Leitsymptom zum passenden Arzneimittel zu kommen. Das erfordert eine große Erfahrung in der Homöopathie und sollte dem speziell dafür ausgebildeten Tierarzt (meist mit Zusatzbezeichnung Homöopathie) vorbehalten bleiben.

Ein weiteres Beispiel ist der Milchmangel mit Gesäugeentzündung. Sind nur wenige Tiere betroffen, läßt sich ein für die spezielle Fruchtbarkeitssituation dieses Bestandes zusammengestelltes Komplexpräparat einsetzen, das unter anderem folgende Arzneimittel beinhalten kann: Bryonia alba (Zaunrube) - bei hartem, schmerzhaftem Gesäuge, Sauen liegen meistens auf dem Gesäuge, weil fester Druck die Schmerzen lindert, Galega officinalis (Geißklee) - vermehrt Quantität und Qualität der Milch, Urtica urens (Brennessel) - bei Milchmangel.

"Bis vor kurzem gab es bei Milchmangel ein Präparat aus der Schulmedizin. Doch das Mittel hat seine Zulassung verloren", erläutert Elke Böckmann, die auf dem Betrieb für die Sauen verantwortlich ist. Wenn jetzt Milchmangel bei einer Sau auftritt, arbeiten die Böckmanns mit einer speziell auf den Betrieb abgestimmten Präparatmischung aus Homöopathika. "Das ist aber nicht fix. Legen die Sauen bei der Fruchtbarkeit zu, sprich müssen mehr Ferkel versorgen, kann die Ursache für den Milchmangel anders gelagert sein. Dann ändert sich eventuell auch die Mischung", erklärt die Tierärztin.

Anders, wenn nach der Geburt alle Sauen Milchmangel mit Gesäugeentzündungen und hohe Umrauscherquoten haben. Hier gilt es sämtliche Symptome aufzunehmen, zu werten und durch den Vergleich mit den Arzneimittelbildern zu einem Präparat zu kommen. Hier kann es notwendig sein, daß die Sauen erst wieder reaktionsfähig werden. Sie erhalten Wirkstoffe, mit denen die Giftstoffe aus dem Körper ausgeschwemmt werden sollen. Hierzu eignen sich zum Beispiel Nux vormica (Brechnuß) oder Sulfur (Schwefel). Mit der eigentlichen Ursache braucht das noch nichts zu tun haben. Danach setzt man entsprechende Stoffe ein, die die Fruchtbarkeit positiv beeinflussen können. Das sind die sogenannten "Frauenmittel" wie Pulsatilla (Küchenschelle), Cimicifuga (Wanzenkraut) oder Apis mellifica (Honigbiene). So eine Behandlung kann ohne weiteres sechs Wochen dauern. Sie beeinflußt die Fruchtbarkeit aber auch entsprechend nachhaltiger." Eines ist auch klar: Wenn in einem Betrieb Hygiene, Fütterung oder Haltung nicht stimmen, richten auch homöopathische Methoden nichts aus.

Die Hustenbehandlung brachte den Durchfall weg
Einen ungewöhnlichen Erfolg hatte die homöopathische Therapie auf dem Betrieb von Christa und Georg Rippe in Thedinghausen. Der Auslöser für den Tierarztbesuch war ein Husteneinbruch, der sich von den 30 kg - Schweinen bis zu den Endmasttieren im 350 Masttiere umfassenden Bestand zog. Die Tierärztin empfahl eine Mischung, die unter anderem aus Lachesis muta und Drosera bestand. Die betroffenen Schweine erhielten die Mischung über die Flüssigfütterung. Der Husten ging weg und die Rippes waren zufrieden. Was die Tierhalter allerdings wunderte: Nicht nur der Husten, sondern auch der sich schon länger im Bestand hartnäckig haltende Durchfall war verschwunden. Wie das? Nicht nur die Rippes waren einigermaßen überrascht, auch die Tierärztin war erstaunt. "Einen Zufallstreffer", nennt sie das heute. Erstaunlich genug, hatten doch Tierarztkollegen schon seit einiger Zeit versucht mit Antibiotika das Bestandsproblem Dysenterie in den Griff zu kriegen - mit mangelhaftem Erfolg. "Wir hatten vorher immer wieder Einbrüche. Das konnte in jedem Abschnitt passieren. Es war teilweise richtig deprimierend", sagt Rippe. Damit sei es jetzt vorbei. Nicht nur, da
Georg Rippe ist zufrieden mit der Hustenbehandlung, brachte sie doch auch den hartnäckigen Durchfall weg
ß der Durchfall weg sei, die Freßlust habe zugenommen, die Tiere machen insgesamt einen vitaleren Eindruck.

Aus dem ersten Einsatz konnte man noch nicht eindeutig bestimmen, ob die Wirkung tatsächlich durch das "Hustenmittel" kam. Nach wiederholtem Einsatz haben sich auch die Erfolge wiederholt. "Darauf können wir jetzt aufbauen", erklärt die 39-jährige Tierärztin. "Der Weg geht jetzt andersherum. Wir müssen überlegen: Was ist im Bestand, das wir durch unsere Hustenmischung in den Griff bekommen haben?" Der Husten war verschwunden, der Durchfall kam teilweise wieder. Jetzt heißt es, die Kombination stärker auf den Durchfall abzustimmen. "Der Bestand ist nicht gesund. Auch in diesem geschlossenen Betrieb wird es sinnvoll sein, die Ursachen zunächst bei den Sauen zu suchen, wenn man das Problem nachhaltig in den Griff kriegen will", erläutert die Veterinärmedizinerin. - mp -

So lassen sich Homöopathika verabreichen
Man bekommt einen anderen Blick

Wo liegt der Unterschied für den Landwirt, wenn die Tiere Homöopathisch behandelt werden? "Ich muß genauer hingucken", ist die Erfahrung von Elke Böckmann. Sie war der Behandlungsmethode zu Beginn aufgeschlossener als ihr Mann. Bei ihr bekommen auch die Kinder Bachblutentropfen. "Es ist eine Frage der Beobachtung. Wenn

In Wasser oder Alkohol angemischte Präparate in die Flüssigfütterung. Bei Ferkeln können medikamente auch auf der Haut verrieben werden Einzelne Buchten können ihre Dosis auch mit der Gießkanne erhalten
eine Sau Probleme hat, weiß ich mittlerweile, worauf ich achten muß. Ein paar Standardfragen sind jetzt fest gespeichert, wie: Steht das Tier auf allen Beinen'? Liegt es auf der rechten Seite? Steht es mit dem rechten Bein auf? Lacht die Sau?", erläutert die 41jährige Sauenhalterin scherzhaft. Dazu Regina Dereser: "Das Liegeverhalten gibt wichtige Hinweise. Liegen die Tiere bevorzugt auf der rechten Seite, kann dies ein Hinweis auf Lachesis (Buschmeister - Schlange) sein, einer im Schweinebereich sehr wertvollen Arznei."

Daß die Behandlungsmethode nicht bei allen auf volle Zustimmung stößt, sei klar, ergänzt Elke Böckmann. "Im Bekanntenkreis waren die Leute teilweise sehr skeptisch. Ich sage da auch nichts, denn ich finde, die Ferkel sehen gut aus und sprechen für sich."

Wie sieht es mit den Behandlungskosten im Vergleich zu konventionellen Behandlungsmethoden aus? "Das ist abhängig vom Einzelfall. Bekomme ich einen Husten mit Tetracyclin in den Griff oder benötige ich ein teures Antibiotikum? Da unterscheiden sich die Kosten schon im schulmedizinischen Bereich. Oder das Beispiel Gesäugeentzündung: Die Einzelfallbehandlung wird günstiger sein, als die langwierigere Behandlung eines Bestands. Je komplexer der Fall, desto aufwendiger die Behandlung und desto höher sind die Kosten. Generell bleibt der Aufwand im Rahmen der schulmedizinischen Behandlung", erklärt die Tierärztin.

Homöopathie hat kein Patentrezept

Bei anzeigepflichtigen Krankheiten verbietet sich eine Behandlung auf jeden Fall (z.B. Europäische Schweinepest).

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Ungeeignet ist der Einsatz von Homöopathika bei chirurgischen und gynäkologischen Notfällen, die sich jedoch gut Homöopathisch nachbehandeln lassen. Ein Gebärmuttervorfall muß erst einmal reponiert werden, ehe man die Ursachen (Bindegewebsschwäche oder Fruchtbarkeitsstörung) behandeln kann.

Irreparable Organausfälle lassen sich auch mit Homöopathie nicht rückgängig machen. Ein durch APP zerstörtes Lungengewebe kann nicht neu gebildet werden. Höchstens die Funktionsweise des verbleibenden Gewebes läßt sich mit Homöopathischen Präparaten verbessern.

Auch bei reaktionsstarren Tieren, mit einem durch Giftstoffe überlasteten Körper oder aufgrund einer lang andauernden schweren Erkrankung ist eine Behandlung schwierig. Solche Tiere sind meist nicht mehr in der Lage über die körpereigenen Abwehrkräfte die Krankheit zu überwinden.

Die Böckmanns arbeiten schon länger mit Regina Dereser zusammen
Schwere Infektionskrankheiten sollten nicht ausschließlich mit Homöopathischen Mitteln behandelt werden. Hier ist eine kombinierte Behandlung aus Schulmedizin (z.B. Antibiotika) und Homöopathie angebracht. Eine solche Kombination macht keinerlei Schwierigkeiten, während die Kombination von Cortison und Homöopathikum keinen Sinn macht.

Das Können des Therapeuten ist ein wichtiger Maßstab für die Erkrankungen, die er Homöopathisch behandeln kann. Seien Sie auf der Hut, wenn Ihnen jemand vollmundig versichert: Das kriegen wir schon wieder hin.

Umgang mit Homöopathika

Einzeltiere erhalten üblicherweise eine Injektion. Tropfen oder Globuli (Milchzucker) lassen sich aber auch mit einem Leckerbissen (Brötchen, aufgeschnittener Apfel) oder in stillem Mineralwasser mit einer sterilen Spritze ins Maul verabreichen. Bestände behandelt man über das Trinkwasser oder die Flüssigfütterung. Ist das aus technischen Gründen nicht möglich, läßt es sich auch mit einer Gießkanne über das trockene Futter verabreichen, zum Beispiel wenn man nur einzelne Abteile oder Buchten behandeln will. Bei Ferkeln ist es auch möglich, das Medikament mit einer Blumenspritze auf die Haut aufzubringen und einzureiben. In der Regel werden flüssige Zubereitungen genutzt, die im Herstellen und Handhaben einfacher sind. Pulver zum Verfüttern sind meist deutlich teurer. Daher macht es bei trockengefütterten Tieren Sinn, die Präparate über das Tränkewasser zu verabreichen.

Direkte Sonneneinstrahlung und starke Temperaturschwankungen machen die Medikamente ebenso unwirksam wie das Aufbewahren neben Geräten, die starke elektrische Felder abgeben (Mikrowelle, Computer).

Wichtig ist der saubere Umgang mit den empfindlichen Arzneimitteln: Entnehmen Sie ein Homöopathikum immer mit einer sterilen Spritze. Die Präparate zum Einmischen in die Tränke oder Fütterung in einen sauberen Eimer umfüllen und nach (tierärztlicher) Anweisung anmischen. Anschließend die Mischung in die Trinkwasseranlage oder Flüssigfütterung einfüllen. Andere Futterzusätze wie zum Beispiel Säuren haben beim Einmischen nichts zu suchen. Sie können die Homöopathischen Substanzen zerstören. Homöopathika sind "lebende Arzneien". Es gilt sie mit Sorgfalt und Respekt zu behandeln. (mp)

Bei Schweinen eingesetzte Homöopathika (Auswahl)
Wirkstoff Deutsche Bezeichnung Wirkung bei
Husten/Infektionen
Belladonna Tollkirsche Plötzlich auftretende fieberhafte Erkrankung mit hoher Berührungsempfindlichkeit                                                                                                  
Drosera Sonnentau quälende trockene Hustenanfälle,
Folge von Durchnässung
Cuprum metallivum Kupfer bei heftigsten Hustenattacken (Brüllhusten)
Laurocerasus Kirschlorbeer bei Husten, wo der Kreislauf in Mitleidenschaft gezogen ist
Tartarus stibiatus Brechweinstein schwacher Husten mit übermäßiger Schleimproduktion
Lachesis muta Buschmeister - Schlange bei hochfieberhaften Entzündungen mit blauroter Verfärbung
Durchfall
Nux vornica

Brechnuß

akut einsetzender Durchfall nach einem Fütterungsfehler oder nach abruptem Futterwechsel
Bei bereits seit einigen Tagen bestehendem Ferkeldurchfall, (Tiere fressen schlecht, haben Durchfall, Einzeltiere sind eingefallen und ausgezehrt):
Arsenicum album   Durchfälle mit Auszehrung
Charmoilla Kamille starke Blähungen und Durchfall
China officinalis Chinarinde Durchfälle mit starkem Säfteverlust und nachfolgender Austrocknung
Podophyllum peltatum Maiapfel Durchfall bei geblähten Bäuchen
Milchmangel mit Gesäugeentzündungen bei Sauen
Bryonia alba Zaunrübe bei hartem, schmerzhaftem Gesäuge, Sauen liegen meistens darauf, weil fester Druck bessert
Galega officinalis Geißklee vermehrt Quantität und Qualität der Milch
Urtica urens Brennessel Milchmangel
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